Berichte der Literaturgruppen
Wer viel schreibt, hat auch Chancen, nicht zu schnell vergessen zu werden:
Juli Zeh, Unterleuten, München 2016
Wir leben in den traurigen Zeiten der Fake-News und dabei ist dies gar nichts Neues, denn schon seit Jahrtausenden werden Geschichten erfunden und sogar als Literatur geadelt.
Die Literatur selbst steckt allerdings in einer Kulturkrise, denn es gibt dieses Jahr keinen Literatur-Nobelpreis und die deutsche Literaturkritik kann so auch nicht Juli Zeh ins Feld führen und der übrigen Welt eine der Unsrigen zur Schau stellen. Vielleicht hätte ansonsten ihr Roman „Unterleuten“ internationale Aufmerksamkeit erringen können. Aber Schluss jetzt mit dem Konjunktiv! Im Literaturkreis trösteten wir uns: Was nicht ist, kann ja noch werden und Juli ist ja noch jung und ihre bisherigen Erfolge verleihen ihr vielleicht auch eine Portion Geduld.
Wir widmen uns jetzt mit großer Anteilnahme der brandenburgischen Einöde und studieren die dortigen Formen der Daseinsbewältigung.
Im ersten Teil dieses umfangreichen Werkes (640 S.)werden uns die Hauptfiguren vorgestellt. Aus der brandenburgischen Wüstenei melden sich Gerhard und Jule Fleiß mit ihrer halb-jährigen Tochter zu Wort. Jule ist überlastet und bricht in Verzweifelung aus: „Das Tier hat uns in der Hand“ (S.9) Mit diesem Fluch ist kein Raubtier gemeint, sondern der Nachbar, ein dubioser Schrotthändler und Auto-schlosser, den wir später noch genauer kennen lernen werden Nun aber zurück zu der Familie Fleiß: Der Hochschul-Lehrer Dr. Gerhard Fleiß hat den Sprung in eine Professur nicht geschafft und sich aus Frust als Vogelschützer in der Heide des 2000 Seelendorfes Unterleuten verdingt. Er ist dort für den Schutz der vom Aussterben bedrohten Vogelart „Kampfläufer“ zuständig und auch seine Ehefrau und ehemalige Studentin „Jule“ träumt von einer ländlichen Idylle. Sie kaufen ein Haus mit Grundstück, übersehen dabei aber den Störenfried „Schaller“, der seinen Schrott-platz immer weiter ausdehnt und zudem häufig alte Autoreifen verbrennt. Der Anblick und der Gestank sind so fürchterlich, dass fast zwangsläufig zwischen den Nachbarn im wahrsten Sinne des Wortes ein Kleinkrieg entflammt.
Anne Tyler, Der leuchtend blaue Faden, Zürich 2016
Ein literarisches Stenogramm
Der allmähliche Verfall einer Familiendynastie
Die Leser, noch mitten im Leben
Meist Frauen, also Leserinnen
Sie lieben die kesse, scharfsinnige Erzählerin
Charakter und Tiefe, ihr Markenzeichen
Eine Familiengeschichte!